Ist Landwirtschaft in der Schweiz ohne Nutztierhaltung möglich?

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Die Massentierhaltung sorgt in der Schweiz seit einigen Jahrzehnten dafür, dass die Nachfrage nach Tierprodukten günstig gedeckt werden kann. Das ausbeuterische System hat sich etabliert, und während die einen überlegen, wie sie aussteigen können, ist es für andere kaum mehr wegzudenken. Zeit, es doch einmal zu tun!

 

In einer im August publizierten Studie von Agroscope wirft Forschungsgruppenleiter Stefan Mann die Frage auf, ob eine Landwirtschaft ohne das Ausnutzen von Tieren möglich ist, und legt dar, was dazu nötig wäre. Denn der derzeitige Trend ist klar: Immer mehr Menschen sind sich des Tierleids bewusst, das durch unsere Ernährung entsteht, und interessieren sich für pflanzliche Alternativen und die Umstellung von einer omnivoren zu einer veganen Ernährung. Die erste Konsequenz einer tierleidfreien Landwirtschaft wäre gemäss der Studie ein massiver Rückgang beim Anbau von Mais und Gerste – beides wird hauptsächlich für Tierfutter verwendet. Diese bestehende Ackerfläche könnte dann für den Anbau von Gemüse oder Proteinquellen wie Bohnen und Erbsen genutzt werden. Doch diese Umstellung ist nicht die zentrale Hürde.

Die Schwierigkeit liegt buchstäblich im Boden begraben, denn der Dünger, der für den Anbau jeglicher pflanzlichen Nahrungsquelle nötig ist, stammt derzeit hauptsächlich von Nutztieren. Die Alternative? Kompost. In seiner Studie legt Mann dar, dass in der sogenannten biozyklischen veganen Landwirtschaft jeweils pflanzenbasierter Kompost zum Einsatz kommen kann, der den Hummus für den nötigen fruchtbaren Boden liefert. Doch die Bio-Landwirtschaft zeigt, dass die Ernte beim Bio-Anbau rund 20% kleiner ausfällt als jene, die mit herkömmlichem Dünger und Pestiziden erreicht werden kann. Daraus folgen entsprechend höhere Preise für Gemüse und Früchte. Um das zu vermeiden, wären alternative Dünger anzudenken – einer davon wäre menschlichen Ursprungs. Bis dahin ist aber noch einiges an Aufwand nötig, denn unser derzeitiges Abwassersystem ist aus Hygienegründen nicht dafür geeignet, menschliche Ausscheidungen zu Dünger umfunktionieren zu können. 

 

Und was passiert dann mit den Weideflächen?

Ein viel gebrachtes Argument gegen die Abschaffung der Nutztierhaltung ist das Schicksal von Graslandschaften. Die Nutztiere produzieren nicht nur Dünger für die Landwirtschaft, sondern sie sind auch die ökonomisch sinnvollste Art, Weideland zu nutzen. Was würde also mit diesem Weideland passieren, wenn keine Kühe und andere Wiederkäuer mehr darauf weiden? Es ist gemäss Mann anzunehmen, dass in produktiven Regionen das Weideland zu Ackerland umfunktioniert wird. In abgeschiedenen Regionen – auch in unseren Bergregionen – würde die Natur wohl Gebüsche und eventuell sogar Wälder hervorbringen.

 

Vegane Landwirtschaft ≠ Landwirtschaft ohne Tiere

Gepflegte Weidelandschaften sorgen aber für ein attraktives Landschaftsbild und haben auch einen Effekt auf die Biodiversität – somit ist es sicher nötig zu überdenken, wie die Bewirtschaftung solcher Graslandschaften von der Nutztierhaltung abgekoppelt werden kann. Dabei kommt ein wichtiges Thema auf: Vegane Landwirtschaft bedeutet nicht zwingend Landwirtschaft ohne Tiere. In seiner Studie erwähnt Mann ein System, das Tiere zwar hält, sie aber nicht tötet – also in Form von Lebenshöfen, wie sie auch in der Schweiz existieren (hier findest du eine Liste mit veganen Schweizer Lebenshöfen). Eine andere Möglichkeit sind Höfe, die Kühe und Hühner halten und deren Milch und Eier weiterverkaufen, die Tiere nach ihrer «produktiven» Phase allerdings nicht töten, sondern weiterhin bis zu ihrem Lebensende halten. Aufgrund dieser «unproduktiven» Zeit der Tiere kann man davon ausgehen, dass der Preis für Milch und Eier massiv in die Höhe getrieben würde.  Für eine komplett vegane Lebensweise ist diese Methode sowieso ungeeignet, da auch bei dieser Methode Hühner als Legemaschinen benutzt und die Kühe weiterhin in ihrem eng getaktetem Schwangerschaftszyklus gehalten und so ausgebeutet werden. (Hier siehst du Grafiken, wie viel Eier, Milch und Fleisch in der Schweiz noch konsumiert werden könnten, wenn die Tiere nur von einheimischen Weiden und Äckern gefüttert würden.)

Ein grosses Fragezeichen steckt auch hinter der Haltung von Bienen. Diese würden in einer nutztierfreien Landwirtschaft weiterhin eine tragende Rolle spielen: Landwirt*innen könnten zukünftig Bienen halten, um ihre Obstplantagen und Felder zu befruchten, wie es bereits in der Schweiz einige tun. Vor allem in der Bio-Landwirtschaft ist der Einsatz von Insekten verbreitet, so auch Marienkäfer, die sich auf natürliche Art um die Blattläuse kümmern. Solche Symbiosen zwischen Bio-Landwirtschaft und «Helfern» könnten in der zukünftigen, tierleidfreien Landwirtschaft zu einem aktiven Treiber werden. 

 

Was bedeutet das jetzt für uns?

Vegane Landwirtschaft ist möglich, doch es ist noch ein weiter Weg bis zu einer komplett veganen Gesellschaft. Viele Fragen sind noch offen: Von Düngemethoden über die Nutzung der freiwerdenden Weideflächen zu den Strukturen, die umgeworfen werden müssten. Doch an zentraler Stelle steht das Umdenken der Bevölkerung und Landwirt*innen, das schon seit einigen Jahren verstärkt stattfindet. Viele zweifeln je länger je mehr an den Methoden der herkömmlichen Landwirtschaft. Dabei setzt den Landwirt*innen nicht nur das Schlachten von liebgewordenen Tieren zu, sondern vor allem in der Milchindustrie die unmenschliche Art, die Kälber nach der Geburt von der Mutter zu trennen. Viele sehnen sich daher – wie stellvertretend Beat und Claudia Troxler bei SRF Dok erzählen –  nach einer Möglichkeit zum Ausstieg.  Dass das machbar ist, beweisen die zahlreichen Lebenshöfe, die in der Schweiz entstehen und auf alternative Produkte wie Hafermilch oder Bio-Gemüse umsteigen. 

Derzeit befinden wir uns allerdings noch immer in einem Preiskampf, denn wie Mann in seiner Studie treffend beschreibt, steigen die Kosten für Produkte aus einer tierleidfreien Landwirtschaft massiv, und solange die Milch- und Fleischindustrie weiterhin üppig mit Steuergeldern subventioniert wird, haben es diese kleinen Oasen in der Traditionswüste der Schweiz ungemein schwer. Lebenshöfe sind deshalb auf Unterstützung angewiesen.

Die Herstellung von Tierprodukten wird vom Bund übrigens viermal stärker subventioniert als die Produktion pflanzlicher Nahrungsmittel. Beim Rindfleisch beispielsweise zahlen Konsument*innen deshalb weniger als die Hälfte der wahren Kosten.¹ Ein strukturelles Umdenken ist daher nötig. Und dieses Umdenken beginnt in der Politik und mit dem Menü auf unseren Tellern. 

1 https://www.visionlandwirtschaft.ch/_visionlandwirtschaft_prod/uploads/pdf/VL_Newsletter_Kostenwahrheit_final.pdf

 

Conny sammelt leidenschaftlich neuste Erkenntnisse zum veganen Lifestyle und hat es nebenbei zu ihrem Hobby gemacht, ihr Umfeld mit veganen Backwaren zu überschwemmen. Für vegan.ch verfasst Conny regelmässig Blogbeiträge zu unterschiedlichsten Themen der veganen Lebensweise.

 

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Kommentare

2 Antworten

  1. Es ist ein wohlgepflegter Mythos, dass Landwirtschaft in den Bergen unmöglich ist. Dieser Mythos geht von mehreren Annahmen aus: 1. wo heute Weide ist, wäre nachher „nur“ Gestrüpp möglich, 2. Landwirtschaft lohne sich nur mit Monstertrack, Giftelei, Hybridsaatgut im Flachland.
    Zu 1.: Erstens brauchen wir massiv mehr Wälder (CO2-Senke), ausserdem lassen sich Wälder auch für Nahrungszwecke nutzen: Nebst dem standortangepassten Pflücken was es da gibt (kleine Beeren, Holunderbeeren, Beeren verschiedener Sorbusarten, Bucheckern, echt veganen Pilzen (im Gegensatz zu auf Pferdemist gewachsenen), Nüsse, evidenzbasierte Heilkräuter…), war früher (und ist an vielen Orten noch heute) üblich, Schneitelwirtschaft zu betreiben. Schneitelwirtschaft ist das immer wieder schneiden eines Baumes für verschiedene Zwecke. Ich habe in 2 verschiedenen Büchern aus 2 verschiedenen Kulturkreisen gelesen, dass diese Bäume gar älter werden als ungeschnittene Bäume! Das klassische Bsp., dass hoffentlich noch allen bekannt ist, ist die Kopfweide zwecks Astgewinnung fürs Korbflechten. Aber geschneitelte Lindenblätter u. manch andere Laubbäume können als u.a. Salat/Spinat/Sauerkraut etc. gegessen werden (und die Aestchen können als Anfeuerholz dienen, zur Düngung etc.), Lindenblätter wurden früher auch als Klopapier verwendet (geht natürlich nur für Plumsklo, oder weit besser: Kompostklo)…Dieses Wissen geht vergessen.
    2. Seit Jahrzehnten gibt es eine UNO-Organisation die immer wieder beweist (habe leider den Namen vergessen), dass die kleinräumige Landwirtschaft vieeeel wirtschaftlicher als die GrossGiftelGentech-Landwirtschaft: Mensch braucht weder Kunstdünger, der Energieintensiv aus Erdöl gemacht wird, noch teure Gift noch Monstermaschinen für die Schulden nötig sind, ebenso kann auf F1/Gentechsaatgut verzichtet werden…Eine bio-vegane Landwirtschaft sollte auch -trotz weniger Ertrag- kein Problem sein: Riesige Futterflächen würden frei um Menschenessen anzubauen (Jean Ziegler, als UNO-Sonderberichtserstatter für das Recht auf Nahrung, hat mal von Studien gesprochen, wonach sich mit veganem Anbau bis zu 12 Mia Menschen ernähren liessen. Minus 20 % für Bioanbau= immer noch genug für mehr als alle), ausserdem wird bei solchen Studien meist nur ein Ertrag mit dem Anderen verglichen (also konv. Getreide versus BioGetreide), statt zu sehen, dass – je nach Schlauheit- z.B. mittels Mischkultur 2 Dinge aufs Mal angebaut werden können(Getreide und Erbsen; DreiSchwestern: Bohne, Mais, Kürbis…)

    Wir bauen bio-vegan Beeren, Obst, Kartoffeln und Gemüse in der Bergzone 2 für den Eigenbedarf an (Temperaturmässig eigentlich Bergzone 3: Im Feb.2012 hatten wir – 32°C!!!). Das geht natürlich nicht mit Sorten, die auf Chemiegepäppel angewiesen sind… Wir verwenden keine F1-Hybriden. Wir bauen bergtaugliche Kartoffeln an. Woran mensch übrigens nur mehr schwer kommt, wenn mensch sie anbauen will. Die Unterlandkartoffeln taugen nix.
    Bei uns wachsen Rhabarber, Sibirische Blaubeeren(= Maibeeren), Aronia, alte Apfel/Pflaumensorten, Johannisbeeren, Stachelbeeren, Holder etc….Und ein Biohof aufm Berg droben hat bis zur Pensionierung des Paares vor ca. 5 Jahren auf mehr als 1’200 m.ü.M. Dinkel angebaut (im Wallis, wo’s trockener ist, ist dies traditionell Roggen) – leider setzt das neue Paar nun auf demeterFleisch…Ein weitere Bio-Hof oben auf den Bergen ist für seine Rüebli berühmt: Dadurch, dass sie mit Kälte auskommen müssen, sind sie viel süsser…Es ist vieles möglich, wenn mensch offen für ganz Altes (z.B. Schneitel-und Sammelwirtschaft) und sehr Neues (Neue Pflanzensorten, z.B. „Indianerbanane“=Papau) ist!

    Noch ein Punkt: Wir bräuchten die Zuchtbienen nicht, wenn sie nicht soviele wären! Da sie die sonstigen BestäuberInnen verdrängen! Ausserdem fliegen Zuchtbienen nicht, wenn es ihnen zu kalt ist, Hummeln dagegen schon… Wer wirklich kompetente, wissenschaftlichfundierte Infos zur Problematik der BestäuberInnen erhalten möchte, wende sich an wildbee.ch (Gründerin ist Veganerin).

    1. Liebe Monika
      Wow. Ich habe deinen Kommentar verschlungen. Sehr interessant. Genau diesses Wissen brauchen wir StädteVeganerInnen um die Transfarmation (Sarah Heiligtag) weiter in der Schweiz zu voran zu bringen.
      Ich würde mich gern mit dir austauschen und von dir zu lernen. Hättest du auch Interesse?
      ctschaeppaet ( at ) gmx.ch
      Liebe Grüsse
      Caroline

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