Makronährstoffe bei einer veganen Ernährung

Hier findest du eine Übersicht zu allen Makronährstoffen und auf was diesbezüglich bei einer veganen Ernährung besonders geachtet werden sollte.

Kohlenhydrate

Für die Deckung des Energiebedarfs sind Kohlenhydrate der wichtigste Makronährstoff. Ob für Stoffwechselprozesse, die Atmung, den Herzschlag, das Gehirn oder das Aufrechterhalten einer konstanten Körpertemperatur – der menschliche Körper benötigt kontinuierlich Energie, welche  über die Nahrung geliefert werden muss.1

Ernährungsgesellschaften wie die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung (SGE) empfehlen, 45 bis 60 Prozent der täglichen Energiezufuhr in Form von Kohlenhydraten aufzunehmen. Entscheidend ist dabei nicht nur die Menge, sondern auch die Qualität der Makronährstoffe.2 In einer ausgewogenen veganen Ernährung sollte der Fokus auf komplexen Kohlenhydraten wie Stärke (Polysaccharide, Mehrfachzucker) liegen. Diese Mehrfachzucker sind gesundheitlich wertvoller als Ein- und Zweifachzucker (Glukose, Fruktose, Haushaltszucker). Für den enzymatischen Aufspaltungsprozess von langen Kohlenhydraten bedarf es im Stoffwechsel mehr Zeit und Energie, sodass ein Anstieg des Blutzuckerspiegels langsamer erfolgt. Auch unverdauliche Ballaststoffe zählen zur Gruppe der komplexen Kohlenhydrate, sie bringen den Vorteil der langanhaltenden Sättigung mit sich und sind wichtig für die Darmbakterien. Beispiele für Lebensmittel mit komplexen Kohlenhydraten sind Vollkornnudeln, Haferflocken, Kartoffeln und Hülsenfrüchte. Einfach- und Zweifachzucker sind dennoch nicht per se als ungesund zu bewerten. Obst enthält kurzkettige Kohlenhydrate, dafür aber auch Ballaststoffe. Der Verzehr von nährstoffarmen Einfach- und Zweifachzuckern mit einem geringen Ballaststoffanteil (Beispiele: Süßigkeiten, gesüsste Getränke, Weissmehlprodukte) sollte aber möglichst gering ausfallen.3

Im Vergleich zur Mischkost weist eine vegane Ernährung höhere Kohlenhydratmengen auf.4 Diese Tendenz ist jedoch nicht als negativ einzustufen. Denn in einer gesunden veganen Ernährung entsteht der hohe Anteil an Kohlenhydraten durch den vermehrten Verzehr von unverarbeiteten Lebensmitteln wie Obst, Vollkorngetreide, Kartoffeln und Hülsenfrüchte – diese Lebensmittelgruppen enthalten neben hochwertigen Kohlenhydraten wie Stärke und Ballaststoffen auch eine Vielzahl an Vitaminen, Mineralien und sekundären Pflanzenstoffen. Mehrere wissenschaftliche Studien geben zudem Hinweise darauf, dass der regelmäßige Verzehr von naturbelassenen, kohlenhydratreichen Lebensmitteln das Risiko für die Entstehung von Zivilisationskrankheiten wie Krebs und Diabetes Typ II reduziert.5

Fette

Auch Fette dienen dem Körper als Energiequelle und Energiespeicher. Es ist der energiereichste Makronährstoff – Fett liefert doppelt so viele Kalorien wie Kohlenhydrate und Proteine. Für die Wärmeisolierung sowie zum Schutz der Organe sind Fette sehr wichtig. Außerdem sind sie Träger fettlöslicher Substanzen wie bestimmter Vitamine.6 Die durch Fett aufgenommenen Kalorien sollten laut der SGE 20 bis 35 Prozent der gesamten Kalorienmenge ausmachen.7 Die Fettaufnahme sollte über vollwertige Lebensmittel wie Nüsse, Samen, Avocado und Oliven erfolgen. Aber auch pflanzliche Öle und Fette können ergänzend eingesetzt werden. Empfehlenswert sind native Pflanzenöle wie Olivenöl, Rapsöl, Walnussöl und Leinöl. Minderwertiger ist hingegen das Fettsäureprofil von Palmöl und Kokosöl.8

Denn Fett ist nicht gleich Fett. Jedes Fettmolekül, auch Triglycerid genannt, besteht aus Glycerin und drei Fettsäuren. Die Struktur der Fettsäure bestimmt die Art des Fettes: Man unterscheidet gesättigte, einfach ungesättigte und mehrfach ungesättigte Fettsäuren. In einer veganen Ernährung ist die Aufnahme von gesättigten Fettsäuren im Vergleich zur Mischkost deutlich geringer, da diese hauptsächlich in tierischen Lebensmitteln vorkommen. In pflanzlichen Lebensmitteln wie pflanzlichen Ölen, Nüssen, Samen und Avocado findet man hingegen reichlich ungesättigte Fettsäuren.9

Da der Körper mehrfach ungesättigte Fettsäuren nicht selbst herstellen kann, ist die Aufnahme von Linolsäure (Omega-6-Fettsäure) und α-Linolensäure (Omega-3-Fettsäure) über die Nahrung essentiell. Sie erfüllen zum einen direkte Funktionen im Stoffwechsel, zum anderen dienen sie der Umwandlung zu weiteren wichtigen Fettsäuren.10

Gute Quellen für α-Linolensäure11

  • geschrotete Leinsamen/ Leinöl
  • Chiasamen
  • Baumnüsse/ Baumnussöl
  • Rapsöl
  • Hanfsamen/ Hanföl

Vor allem die Herstellung von Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) aus α-Linolensäure hat eine große Bedeutung. Da die dafür erforderlichen Bedingungen nicht immer im Stoffwechsel gegeben sind und abhängig von anderen Fettsäuren in der Nahrung, ist eine ergänzende Aufnahme von EPA und DHA sinnvoll. Mischköstler*innen decken ihren Bedarf dieser mehrfach ungesättigten Fettsäuren mit Meeresfisch. In einer veganen Ernährung können EPA und DHA direkt in Form von Algenöl aufgenommen werden. Dieses ist als Ölmischung oder in Kapselform erhältlich.12

Proteine

Proteine werden auch Eiweiße genannt und sind lebensnotwendige Bausteine im Körper. Sie sind unter anderem am Erhalt und Aufbau von Muskeln und Organen beteiligt, außerdem wirken sie als Enzyme und Hormone im Stoffwechsel mit. Etwa 20 Prozent des täglichen Kalorienbedarfs sollten mit Proteinen gedeckt werden. Für einen Erwachsenen beträgt die empfohlene Zufuhr täglich zwischen 0,8 g und 1 g pro kg Körpergewicht.13

Aminosäuren sind die Bausteine, aus denen Proteine bestehen. Manche Aminosäuren kann der menschliche Körper selbst herstellen. Andere muss er hingegen über die Nahrung aufnehmen, weshalb sie als unentbehrlich gelten. Pflanzliche Lebensmittel enthalten meist nicht  alle essentiellen Aminosäuren auf einmal. Dennoch kann der Proteinbedarf auch in einer veganen Ernährung problemlos gedeckt werden. Wichtig ist dafür, verschiedene Proteinquellen zu sich zu nehmen und diese über den Tag verteilt zu kombinieren.

Pflanzliche Proteinquellen mit allen essentiellen Aminosäuren

  • Chiasamen
  • Hanfsamen
  • Quinoa, Buchweizen, Amaranth
  • Edamame, Sojabohnen
  • Tofu, Tempeh

Wer täglich sowohl Hülsenfrüchte als auch Vollkorngetreide isst und ergänzend Nüsse und Samen zu sich nimmt, stellt eine konstante und vollwertige Proteinaufnahme sicher.14

Weitere pflanzliche Proteinquellen

  • Hülsenfrüchte wie Bohnen, Linsen, Kichererbsen und Erbsen
  • Wenig verarbeitete Fleischersatzprodukte aus z.B. Weizeneiweiss, Soja
  • Vollkorngetreide wie Hafer, Dinkel, Weizen
  • Nüsse und Samen wie Cashewkerne, Mandeln, Pistazien, Erdnuss und Kürbiskerne

In der Regel sind pflanzliche Proteinquellen als gesünder einzustufen als tierische. Zusätzlich zu Eiweißen liefern sie weitere wertvolle Inhaltsstoffe wie Vitamine, Mineralien und sekundäre Pflanzenstoffe. Die positive Auswirkung von pflanzlichen Proteinquellen im Gegensatz zu tierischen konnte bereits in mehreren Studien gezeigt werden. Tierische Proteinquellen hingegen enthalten oft für die Gesundheit weniger förderliche Inhaltsstoffe, wie zum Beispiel gesättigte Fettsäuren.15

Gesundheitliche Aspekte bei einer veganen Ernährung

Mehrere Studien zeigten positive Auswirkungen einer veganen Ernährung auf die Gesundheit. So haben Veganer*innen häufig einen niedrigeren Body-Mass-Index (BMI, Verhältnis von Körpergewicht zur Körpergrösse) und Cholesterinspiegel als Mischköstleri*innen16, außerdem treten bei ihnen seltener Bluthochdruck, Diabetes mellitus Typ 2, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und bestimmte Krebsarten auf.17 Diese gesundheitlichen Vorzüge resultieren aus dem Verzicht auf tierische Lebensmittel, was eine Reduktion der Aufnahme von gesättigten Fettsäuren und Cholesterin mit sich bringt. Außerdem ist bei einer rein pflanzlichen Ernährung oftmals die Aufnahme von Ballaststoffen, Magnesium, Vitamin C, Folsäure und sekundären Pflanzenstoffen  im Vergleich zur Mischkost erhöht. Dieser Umstand wirkt sich ebenfalls positiv auf die Gesundheit aus.

1Niko Rittenau, 2020 Vegan Klischee ade!
2Schweizerische Gesellschaft für Ernährung: Kohlenhydrate (03.12.2022)https://www.sge-ssn.ch/media/ct_protected_attachments/d8ba51adf09525b54352ef0dc8accd/Kohlenhydrate-2022.pdf
3Schek A. Ernährungslehre kompakt: Kompendium der Ernährungslehre für Studierende der Ernährungswissenschaft, Medizin, Naturwissenschaften und zur Ausbildung von Ernährungsfachkräften (2017). Umschau Zeitschriftenverlag; Auflage: 6
4Spencer E.A. Appleby P.N., Davey G.K., Key T.J. Diet and body mass index in 38 000 EPIC-Oxford meateaters, fish-eaters, vegetarians and vegans. International Journal of Obesity (2003). Vol. 27: 728–734.
5Jacob, D. med L.M., Leitzmann, C., and Gerhard, I. (2013). Dr. Jacobs Weg des genussvollen Verzichts: Die effektivsten Maßnahmen zur Prävention und Therapie von Zivilisationskrankheiten (Heidesheim am Rhein: nutricaMEDia).
6Bertrand M. Fette und Öle: Grundlagenwissen und praktische Verwendung. Ernährungs Umschau (2014). Vol. 3: M162-170.
9Schek A. Ernährungslehre kompakt: Kompendium der Ernährungslehre für Studierende der Ernährungswissenschaft, Medizin, Naturwissenschaften und zur Ausbildung von Ernährungsfachkräften (2017). Umschau Zeitschriftenverlag; Auflage: 6
10Davis BC, Kris-Etherton PM (2003): Achieving optimal essential fatty acid status in vegetarians: current knowledge and practical implications. Am J Clin Nutr 78 (3 Suppl), 640S-646S
11Martin H.-H. Nüsse und Ölsaaten, Kernige Nährstoffpakete. UGBforum (2015). Vol. 1: 38-41.
12Doughman, S.D., Krupanidhi, S., and Sanjeevi, C.B. (2007). Omega-3 fatty acids for nutrition and medicine: considering microalgae oil as a vegetarian source of EPA and DHA. Curr Diabetes Rev 3, 198–203.
13Schweizerische Gesellschaft für Ernährung: Proteine (03.12.2022)https://www.sge-ssn.ch/media/ct_protected_attachments/0646fb125d5db123dbbcd9b39bfc39/Proteine-2022.pdf
14Leitzmann C, Keller M. Vegetarische und vegane Ernährung. 4. Aufl., Ulmer, Stutt­gart (2020)
15Bakaloudi et al, 2021, Naghshi et al, 2020; Song et al, 2016https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33341313/
16Spencer E.A. Appleby P.N., Davey G.K., Key T.J. Diet and body mass index in 38 000 EPIC-Oxford meateaters, fish-eaters, vegetarians and vegans. International Journal of Obesity (2003). Vol. 27: 728–734.
17Jacob, D. med L.M., Leitzmann, C., and Gerhard, I. (2013). Dr. Jacobs Weg des genussvollen Verzichts: Die effektivsten Maßnahmen zur Prävention und Therapie von Zivilisationskrankheiten (Heidesheim am Rhein: nutricaMEDia)