Wie teuer ist vegan essen wirklich? Wir vergleichen
Was ist teurer: ein original Zürcher Geschnetzeltes oder eine vegane Variante davon? Wir machen den Vergleich und analysieren die versteckten Kosten.
Unser Geschmacksempfinden ist von bestimmten Gerichten und Kombinationen oft über Jahrzehnte geprägt. Bei der Umstellung auf eine vegane Ernährung ist es daher für viele am einfachsten, erst einmal bekannte Tierprodukte durch pflanzliche Alternativen zu ersetzen. Das kann ganz schön teuer werden.Oder?
Das möchten wir an einem Beispiel durchrechnen. Dafür haben wir uns für ein Zürcher Geschnetzeltes entschieden: Champignonrahmsauce mit Kalbfleisch im Vergleich zu einem veganen Pendant. Den klassischen Zutaten aus konventioneller Landwirtschaft haben wir zudem dieselben in Bio-Qualität gegenübergestellt. Daraus ergeben sich vier Gerichte.
Sie setzen sich zusammen aus Kalbfleisch, einer veganen Alternative von Planted beziehungsweise Soyana, Rahm, Weisswein, Champignons, Zwiebeln und Mehl. Ausgangspunkt ist ein klassisches Rezept für vier Personen. Um die Vergleichbarkeit zu gewährleisten, stammt alles vom selben Schweizer Supermarkt. Lediglich bei zwei veganen Bio-Produkten mussten wir auf ein anderes Geschäft zurückgreifen. Die Preise der jeweiligen Zutaten sind auf die Rezeptmenge hochgerechnet, um die Gesamtkosten für das Gericht zu ermitteln.
Bio-Fleisch ist teurer als Fleischalternativen
Mit CHF 29.25 und 33.80 liegen das Fleischgericht und die vegane Alternative preislich nah beieinander. Interessanterweise kam der Preisunterschied im Wesentlichen durch den Weisswein zustande. Der vorhandene vegan zertifizierte Wein ist deutlich teurer als der konventionelle aus dem tieferen Preissegment – je nach Weinauswahl sind hier also grosse Schwankungen möglich.
Die Fleischalternative kostet nur 90 Rappen mehr als das Kalbfleisch aus der Familienpackung. Statt der hochpreisigen Fleischalternative von Planted gibt es auch die Möglichkeit, auf günstigere vegane Alternativprodukte zurückzugreifen. Mit dem veganen Geschnetzeltem von Délicorn kostet das vegane Gericht fast 3 CHF weniger als das konventionelle Fleischgericht. Damit wäre es dann sogar das günstigste.
Der Vergleich Bio vs. Nicht-Bio
Auch der vegane Teller mit Bio-Zutaten kann im Vergleich sehr gut mithalten. Dieser ist mit CHF 33.80 sogar 25 Rappen günstiger als der vegane Teller ohne bio-zertifizierte Produkte, da der Preis für die biologische Alternative von Soyana etwas unter demjenigen von Planted liegt.
Mit Abstand am teuersten ist das biologische Fleisch-Menü mit CHF 43.95. Das liegt vor allem daran, dass das Kalbfleisch in Bio-Qualität rund 50 % mehr kostet als das konventionelle Fleisch und die Fleischalternative.
Du hast jetzt Lust auf Zürcher Geschnetzeltes? Hier findest du Rafis Lieblingsrezept. Unten gehts weiter mit den versteckten Kosten eines originalen Geschnetzeltes.
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Grundnahrungsmittel sind günstig
Fleisch- und Milchalternativen erleichtern die Umstellung auf eine vegane Ernährung. Wer Spass am Kochen hat, merkt aber schnell, dass man auch aus Grundnahrungsmitteln sehr gute Gerichte zaubern kann: Aus Linsen werden Burger oder eine Bolognese, Kichererbsen lassen sich zu Nuggets verarbeiten und für selbstgemachten Seitan benötigt man im Grunde genommen lediglich Mehl und Wasser.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Grundnahrungsmittel sind überall erhältlich und um einiges preiswerter als verarbeitete Produkte. So kann eine vegane Ernährung durchaus budgetfreundlich gestaltet werden.
Versteckte Kosten
Die Supermarktpreise von Produkten sind natürlich ein anschaulicher Vergleich. Was in obenstehender Berechnung aber nicht berücksichtigt wird, sind die Kosten im Bereich Gesundheit und Ökologie, die durch die Ernährung verursacht werden.
Mittels einer ausgewogenen veganen Ernährung kann beispielsweise krankhaftem Übergewicht vorgebeugt werden.1 Auch andere Zivilisationskrankheiten wie Diabetes Typ II oder Herz-Kreislauf-Probleme werden in Studien immer wieder mit dem Konsum von Fleisch- und Milchprodukten in Verbindung gebracht.¹,²
Gemäss einer Studie der Oxford University aus dem Jahr 2016 könnten durch die Verbreitung einer vollwertigen, veganen Ernährung weltweit bis ins Jahr 2050 jährlich 8,1 Millionen Todesfälle verhindert und knapp eine Billion Franken an Gesundheitskosten eingespart werden.³
Für die einzelne Person bedeutet das ein Sparpotenzial bei ärztlichen Besuchen und Medikamenten sowie das Vermeiden von zukünftigen Mehrausgaben bei Krankenkassen oder Steuergeldern.
Die ökologischen Schäden sind nicht gratis
Das Worldwatch Institut in Washington schätzt, dass sich der Preis für Fleischprodukte verdoppeln bis verdreifachen müsste, wenn auch die ökologischen Kosten miteinberechnet würden. Dazu gehören die Verbrennung fossiler Brennstoffe, die Erzeugung von Ammoniak und Methan, die Absenkung des Grundwassers oder die Verseuchung der Böden.⁴
Möchte man mit der Ernährung etwas fürs Klima tun, so hat man laut einer Studie im renommierten Fachmagazin «Science» mit der Umstellung auf eine vegane Ernährung den grössten Einfluss.⁵ Die Einsparung an ernährungsbedingten Treibhausgasemissionen läge bei bis zu 70 %. Zudem könnte durch die Umstellung auf eine pflanzliche Ernährung auch die finanzielle Belastung, die durch Umweltschäden weltweit entsteht, jährlich um 570 Milliarden Dollar verringert werden.³
Die vegane Ernährung ist es wert
Der vermeintlich tiefe Preis von Fleisch- und Milchprodukten kann nur durch enorme staatliche Förderpakete und Subventionen gewährleistet werden – und vor allem, weil die ökologischen und gesundheitlichen Folgekosten nicht miteingerechnet werden. Leider verzerrt das den Markt und die Wahrnehmung der Konsument*innen.
Durch die vegane Ernährung könnten also insgesamt über 1.5 Billionen Dollar an Gesundheits- und Umweltkosten eingespart werden. Auf ein geschmackvolles Essen muss dabei nicht verzichtet werden. Ob das die 90 Rappen mehr für eine Fleischalternative wert sind? Und den ethischen Aspekt der veganen Ernährung haben wir hier noch aussen vor gelassen…
Quellen:
1 https://www.provegan.info/de/studien/studien-adipositas-fettleibigkeit/
3 https://www.pnas.org/content/early/2016/03/16/1523119113
4 https://www.swissveg.ch/umweltfakten#q57
5 https://science.sciencemag.org/content/360/6392/987
Apropos Kosten: Lies hier mehr darüber, weshalb Hafermilch teurer ist als Kuhmilch und wie wir mit unseren Steuern die Produktion und Absatzförderung von Kuhmilch finanzieren.
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1 Kommentar
Da ich kein preisbewusster Konsument bin, würde ich mir nie die Mühe machen, ein solches Beispiel durchzurechnen. Danke, Rafi, für den Preisvergleich des Zürcher Geschnetzelten. Es bestätigt mich in meinem Entscheid, Planted Chicken zu bevorzugen: Hervorragendes Fake Chicken und sogar preisgünstiger als das Bio-Kalb, das meiner Meinung nach eine grosse Heuchelei ist. Dass Planted Chicken nicht bio ist, stört mich überhaupt nicht. Im Gegenteil: Ich finde, diese ETH-Innovation ist ein Riesenerfolg eines Schweizer Start-Ups.