Vegane Weihnachten bei der Familie
Weihnachten bedeutet harmonisches, besinnliches Beisammensein – so die Idee. Als vegan lebendes Familienmitglied bringt man da schon mal Würze mit rein, und die Palette an Reaktionen kann von aufrichtigem Interesse bis hin zu rein provokativen Sticheleien reichen. Wie verhält es sich bei den Teammitgliedern der Veganen Gesellschaft Schweiz? Wir haben die Runde gemacht:
Xmas Brunch Potluck – Laura
«Bisher war es bei uns so, dass alle für einen Gang beim Abendessen verantwortlich waren. Das ergab dann etwa sechs oder sieben kleine Gänge. Da der Aufwand, eine vegane sowie eine nicht vegane Option mitzubringen, zu aufwändig schien, gab es seither einfach mehrheitlich vegane Weihnachten. Für die meisten Familienmitglieder war das kein Problem – im Gegenteil: Sie hatten sogar Spass Rezepte auszuprobieren und versuchten sich jedes Jahr mit neuen Kreationen zu übertreffen. Dieses Jahr werden wir ausnahmsweise einen Weihnachtsbrunch haben, wo jede*r etwas fürs Buffet mitbringt. Ich bin gespannt was es alles geben wird und wie viel davon vegan sein wird – veganer Kokoszopf wurde schon mal angekündigt. Selber werde ich aber verschiedene Sachen mitbringen, so dass ich in jedem Fall eine feine Auswahl habe.»
Neue Traditionen begründen – Miriam
«Familiäre Weihnachtsfeiern sind nicht nur wegen meines Veganismus’ ein Problem, sondern auch wegen meiner familiären Situation (Patchworkfamilie, Familie des Partners im Ausland). Letztes Jahr konnte ich das erste Mal nicht am traditionellen Weihnachtsbuffet am Stefanstag teilnehmen. Da ich dennoch die Advents- und Weihnachtszeit zelebrieren wollte, beschloss ich, einfach etwas Neues zu erfinden. Ich lud meine Kern-Patchwork-Familie mütterlicherseits zu einem mehrgängigen Adventsdinner bei uns zu Hause ein. Ich kochte vegan, exquisit und meine Gäste verliessen mich glücklich, gesättigt und in schöner Weihnachtsstimmung.
Meine Küche überzeugt und meine Gäste wollen höchstens wissen, wie etwas gemacht wird. Komplizierte Diskussionen entstehen so nicht. Dieses Jahr findet das Adventsdinner zum zweiten Mal statt. Es wird nicht das letzte Mal sein.»
Weihnachten muss nicht sein – Dani
«Weihnachten hat keinerlei Bedeutung für mich. Zudem sind wir mit dem nicht-veganen Umfeld schon das ganze Jahr über konfrontiert. An Weihnachten spitzt sich alles zu, die Diskrepanz ist am grössten. Ob man sich dem aussetzen will oder nicht, muss jede*r selber wissen. Ich lass das gerne aus und verbringe die Tage anderweitig. Und mit meinen Familienangehörigen treffe ich mich bei anderer Gelegenheit wieder.»
Mit der Tradition mithalten – Anja
«Bei uns wird Weihnachten so gefeiert, wie es seit Jahrzehnten gefeiert wird. Was nebst dem Singen und dem reich beschmückten Baum auch das Essen betrifft. Da ich seit sechs Jahren die einzige vegan lebende Person am grossen Tisch bin, gibt es für mich jeweils eine feine Alternative, meist gefolgt von Blicken und mehr oder minder witzigen und geistreichen Kommentaren. Anfangs erklärte ich noch motiviert, aber mittlerweile weiss ich, dass ein Essen kein geeigneter Zeitpunkt für ein Gespräch über den Konsum von Tierprodukten ist. «Wir können das gerne nachher besprechen – ich freue mich immer über spannende Diskussionen zu diesem Thema». Aber erstmal geniesse ich die Stimmung und das Zusammensein. Und hoffe, dass wir eines Tages alle am Tisch dasselbe essen können.»
Jeder Feiertag ein bisschen vegan(er) – Ursin
«Da meine Familie (Schwestern, Nachwuchs und Anhang) sich zu Xmas immer für mehrere Tage bei den Eltern in den Bergen trifft und wir an diesen Tagen wirklich viel essen, teilen wir uns die Zubereitung der Gänge jeweils auf. Ich schaue dann, dass an jedem der drei Tage beim Dinner mindestens ein Gang von mir zubereitet ist. Da so immer mindestens eine Vorspeise, eine Hauptspeise oder ein Dessert vegan ist, kann man sich voll austoben, ohne dass jemand das Gefühl hat, zu kurz zu kommen. Im Gegenteil – man kann so aus der Küche mit seinen absoluten Highlights aus jeder Sparte punkten. Zusätzlich backe ich jeweils Brot fürs Frühstück und Muffins für den Nachmittagstee.»
Weihnachtsmärchen und so – Adrian
«An Weihnachten hängen bei mir noch immer die süssen Erinnerungen an meine Kindheit mitsamt dem Märchen vom Christkind, welches die Geschenke durchs Fenster ins Wohnzimmer bringt, während die Kinder im Nebenzimmer warten müssen. Auch wenn ich den Zauber, der damit einherging, sehr mochte, so hatte ich mit 7 Jahren den Schwindel durchschaut und war ein wenig beleidigt, von den Erwachsenen dermassen dreist belogen worden zu sein.
Heute, selber erwachsen, begebe ich mich – wohl in der latenten Hoffnung auf ein bisschen wiederkehrenden Zauber – jährlich jeden 24. Dezember in die Runde meiner engsten Familienmitglieder, so an die 10. Während diese genüsslich „ihr“ Feiertagsfleisch mit Beilagen geniessen, kriege ich jeweils mein eigenes Süppchen als Vorspeise und meine Extrawurst als Hauptgang. Wir sind mittlerweile eingespielt: Das Thema Tierleid wird gekonnt umschifft – von beiden Seiten.
An meinem ersten veganen Heiligabend waren wir noch allesamt Amateur*innen im Konflikt um dieses damals noch viel umstrittenere Thema. Zehn der zwanzig Hände wurden aufgebracht in die Luft geworfen. Mehrmals.
Inmitten von Biofleisch- und Mangelerscheinungs-Einwänden fand ich mich dann doch plötzlich undankbar, das einstige Märchen vom Christkind nicht zu schätzen zu wissen. Es war viel schöner als «In der Schweiz geht’s den Tieren tip top.»
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