Jetzt kommt das Fleisch aus Algen
Schon im Jahr 2050 könnten wir 10 Milliarden Menschen auf der Erde sein. Laut Schätzungen sind bis dann rund 50% mehr Protein nötig, um alle Menschen ernähren zu können. Weltweit wird deshalb seit Jahren an Alternativen zu Fleisch geforscht, von denen es zur Zeit drei gibt: Protein, das auf Pflanzen basiert (Linsen, Soja, Erbsen, Lupinen etc.), sogenanntes Clean Meat (kultiviertes Fleisch aus dem Labor) und Mikroalgen. Letzteres haben wir uns etwas genauer angeschaut, denn nun gibt es ganz neu eine vegane Alternative zu Räucherlachs und Thunfisch – komplett aus Mikroalgen.
Welche Vorteile haben Mikroalgen?
Bis anhin wurden die einzelligen Mikroorganismen erst in Form von Nahrungsergänzungsmitteln verzehrt, wie zum Beispiel Chlorella oder Spirulina. In grösseren Mengen können aus Mikroalgen aber auch ganze Alternativen für verarbeitetes Fleisch produziert werden – Würste etwa, oder Burger. Die Vorteile der Mikroalgen überzeugen:
- Hoher Eiweissgehalt (je nach Art bis zu 70%)
- Komplettes Aminosäureprofil
- Enthalten ungesättigte Fettsäuren, Vitamine und Spurenelemente
- Spezifische Bakterien, die in den Algen arbeiten, könnten zusätzliche Nährstoffe wie B12 produzieren
- Keine zusätzliche Landfläche vonnöten, das heisst, sie konkurrenziert nicht mit anderen Nutzpflanzen
- Nutzt einzig die Sonne und CO₂ aus der Luft für die Photosynthese
- Nach 14 Tagen lässt sich eine Alge bereits abernten, während zum Beispiel Soja zweimal im Jahr angepflanzt wird. So kann auf derselben Fläche zehnmal mehr Protein wachsen als bei der Sojapflanze.
Mit CO2 und Licht wachsen hier Algen im Photobioreaktor. (Bild: Umberto Salvagnin, [CC BY 2.0])
Erste Tests
Aufgrund all dieser Vorteile gelten Mikroalgen als Rohstoff mit grossem Potenzial. Seit Jahren wird weltweit daran geforscht – und vieles ist noch unklar – doch unterdessen lässt sich an der Verarbeitung tüfteln. Einmal geerntet, entzieht man Algen das Wasser, so wie das zum Beispiel auch bei Pasta oder Trockensoja gemacht wird. Das so erhaltene Pulver wird dann zur weiteren Verarbeitung genutzt. Am Institut für nachhaltige Lebensmittelverarbeitung der ETH Zürich forscht derzeit ein Team um Alexander Mathys an Lösungen, wie Mikroalgen in grösseren Mengen für den menschlichen Verzehr verfügbar gemacht werden können. Gemischt mit 50% Soja lässt sich das Ergebnis schon sehen, doch es ist noch ein weiter Weg.
Faserige Fleischalternative aus Mikroalgen, hier noch gemischt mit Soja. Wird so das Fleisch von morgen aussehen? Ein Versuch an der ETH.
Wo bleibt also das Mikroalgen-Fleisch?
Drei Gründe, weshalb die Sache so schwierig ist und wir wohl noch einige Jahre warten müssen:
- Die Produktion von Mikroalgen braucht noch viel zu viel Energie
- Die Produktion von Mikroalgen ist noch viel zu teuer
- Die Industrie ist noch nicht bereit, in die Förderung dieser Technologie zu investieren.
Die viel günstigere Wahl ist im Moment noch Soja, das pro Kilogramm weniger als einen Franken kostet. Zum Vergleich: Die Kosten für Schweinefleisch liegen bei 4.50 Fr./kg, Mikroalgen kosten noch rund 11 Fr./kg und kultiviertes Fleisch nach ungefähren Schätzungen rund 100 Fr./kg.
Momentan experimentiert ein Schweizer Start-Up zusammen mit Bühler an proteinhaltigen Teigwaren, die Mikroalgen als Zutat enthalten. Bis zum Algenburger, der komplett aus Mikroalgen besteht und die Konsistenz sowie den Geschmack eines herkömmlichen Fleisch-Burgers aufweist, wird es laut Schätzungen von Alexander Mathys noch zwei bis drei Jahre dauern. Eine Alternative zu Fisch gibt es jedoch bereits jetzt: Thunfisch und Lachs aus 100% Mikroalgen, welche von einer Firma aus Frankreich hergestellt werden. Zu kaufen gibt es die Produkte hierzulande noch nicht im Laden, sie können erst beim Hersteller in Frankreich bestellt werden. 120g Räucherlachs aus Algen kosten CHF 12.-.
So schmeckt es
Wir haben den neuen Räucherlachs bereits getestet und fanden das Resultat sehr spannend. Die Konsistenz ist nicht ganz wie man es von Lachs kennt, auch fehlt das Fett. Die Alternative ist dafür aromatisch und sehr rauchig und auf einem Toast mit Meerrettich Créme ein wunderbares, wenn auch noch ziemlich teures Häppchen.
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Schätzfrage
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