Soll man Tauben jetzt füttern?
Auch Stadttauben spüren die Auswirkungen der Corona-Pandemie. Gerade in diesen schwierigen Zeiten braucht es ein Hoch auf unsere gefiederten Nachbarn! Gastbloggerin Amélie hat recherchiert und fünf Gründe zusammengestellt, warum Tauben grossartig sind.
Stadttauben sind allgemeinhin wenig beliebt: Sie vermehren sich wegen des angezüchteten Bruttriebs schneller als Wildvögel, werden als Krankheitsüberträger denunziert und können Hausbesitzer*innen mit ihrem Kot an Fassaden ärgern. Entgegen hartnäckigen Behauptungen können Tauben aber nicht mehr Krankheiten übertragen als Hunde oder Katzen. Und Taubenkot ist zwar ein ästhetisches und hygienisches Problem, schädigt in der Regel aber nur Metallflächen. Bis ungefähr 2005 (je nach Kanton) wurden die Tiere in der Schweiz nachts geschossen – die SBB tat dies in den vergangenen Jahren an den Bahnhöfen noch immer. Während der aktuellen Corona-Krise haben es die Tauben noch schwerer: Weniger Menschen, die draussen essen, bedeutet auch weniger Nahrung für sie.
Zusätzlich füttern oder nicht?
Die Meinungen über die Auswirkungen auf Tauben sind gespalten: Die Stadtverwaltungen versichern, dass die Tauben auch aktuell genügend zu Essen bekämen und die Taubenschläge ihren Betrieb wie bis anhin führten. Einige Tierrechtsorganisationen fordern hingegen eine Aufhebung des Taubenfütterungsverbots, das in vielen Schweizer Städten gilt. Es gäbe in vielen Städten nicht genug betreute Taubenschläge. Wieder andere sagen, dass weniger Menschen und somit weniger ungesundes Essen den Tieren sogar zugutekommen. Laut dem Verein Stadttauben Schweiz ist das Essen der Menschen jedoch für viele Tauben die einzige Nahrungsquelle. Für die Stadt sei es eben am billigsten, die Tauben durch Aushungern zu dezimieren.
Die Frage, wie den Tauben am meisten gedient ist, lässt sich also nicht so leicht beantworten. Tatsächlich können Essensreste die Tauben krank machen: Weissbrot mit viel Zucker und Salz vertragen die Vögel beispielsweise gar nicht. Brot gehört generell in keinen Vogelmagen. Da die Tiere aber so hungrig sind und bei Menschen betteln gehen, kriegen sie leider oft nur Brot und andere gesalzene Speisen.
Die beste Lösung bietet auf jeden Fall das Betreiben von betreuten Schlägen, in denen die Tauben artgerechtes Futter und sauberes Wasser kriegen. Dort werden dann zwecks Populationskontrolle die Eier mit Attrappen ausgetauscht.
Fünf Fakten über Tauben
Höchste Zeit, etwas Positives über die Tauben zu verkünden! Fünf Fakten die beweisen, dass Tauben beeindruckende und wundervolle Lebewesen sind:
- Taubenpaare bleiben ein Leben lang zusammen und ziehen gemeinsam ihren Nachwuchs auf. Sowohl das Weibchen wie auch das Männchen können in ihrem Kropf Milch produzieren und füttern damit die Brut. Gleichstellung vom Feinsten!
- Tauben sind äusserst intelligent. Forschende konnten ihnen beibringen, bis auf neun zu zählen. Sie stehen somit – zumindest in dieser Aufgabe – Rhesusaffen in nichts nach!
- Die schlauen Vögel haben ausserordentliche Navigationsfähigkeiten. Wie sie sich so gut orientieren, ist noch immer ein Rätsel. Eine Rolle spielen aber sicherlich der Erdmagnetismus, der Geruch, das Gehör und der Stand der Sonne.
- Tauben sind auch visuell unglaublich begabt. Sie können Aufgaben lösen, mit denen sogar Menschen Schwierigkeiten haben: So konnten sie in einem Experiment auf einem Bildschirm mit zwei Abbildungen jene wählen, auf der weniger Vierecke zu sehen waren.
- Diese visuellen Fähigkeiten führen zu unerwarteten Talenten: Tauben können lernen, Gemälde von Van Gogh und Chagall auseinanderzuhalten und können sogar auf Röntgenaufnahmen von Brustkrebskontrollen gutes von bösartigem Gewebe unterscheiden.
Wie du Tauben helfen kannst
In so einem kleinen Taubenkopf ist also ganz viel los. Folgendes kannst du tun, um diese schlauen Vögeln zu unterstützen:
- Hilf mit, das Image der Tauben zu verbessern. Erzähle deinem Umfeld, was Tauben für grossartige Tiere sind und was sie alles können.
- Gerade im Winter solltest du Tauben nicht unnötig aufscheuchen. Die kalten Monate sind für die Tiere hart und sie brauchen all ihre Energie. Bringe auch Kindern in deinem Umfeld bei, dass sie Tauben nie nachjagen oder gar treten sollten.
- Kranke und verletzte Tauben kannst du der Vogelwarte melden. Sie vermitteln dich an die entsprechende Pflegestation.
- Tauben sollten auch jetzt, beim verminderten Angebot der Gastronomie während der Corona-Pandemie, nicht gefüttert werden. Wer sich dennoch einer hungrigen Taube annehmen möchte, bietet statt Brot besser folgende Nahrungsmittel an: Mais-, Gerste-, Weizen- und Haferkörner, Hirse, Erbsen, Erdnüsse, Hanf, Raps, Leinsamen, Sonnenblumenkerne, Sesamsamen und Buchweizen. Das Futter sollte ausschliesslich auf erhöhten Flächen gegeben werden, damit es keine Ratten anlockt. Zudem sollten sich keine grossen Ansammlungen von Tauben bilden. Alle sollten mit genügend Abstand essen können. Im Idealfall bringt man hungrige Vögel via Fütterung in die Nähe eines Schlags.
Amélie Lustenberger arbeitet in der Kommunikation einer Non-Profit-Organisation. Weil ihr das Wohl der Tiere sehr am Herzen liegt, bloggt sie ab und zu auf vegan.ch und hilft auch mal auf einem Lebenshof aus.
Weitere Informationen:
- Schüren Schädlingsbekämpfer die Angst vor Tauben? www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/tauben-schaedlingsbekaempfer-schueren-angst-vor-voegeln-a-1165237.html
- Unglaubliche Fakten über Tauben: www.onekindplanet.org/animal/pigeon
- Die Kantone behandeln Tauben unterschiedlich: www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/regulierung-so-lassen-luzerner-tauben-federn-ld.98579
- Der Verein Stadttauben Schweiz sensibilisiert Bevölkerung und Behörden über Tauben: www.stadttauben.ch
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2 Kommentare
Was für ein guter, spannender und nützlicher Text. Letztlich geht es gar nicht darum, ob Tauben und andere Tiere unseren Respekt „verdienen“ – ein anständiger Mensch respektiert alle Lebewesen. Alle!
Gut zu wissen, dass Tauben lernen können, Gemälde von Van Gogh und Chagall auseinanderzuhalten. Mein Neffe möchte eine Taube als Haustier haben. Er hofft, dass er seiner Taube tatsächlich beibringen kann, wie diese Gemälde von unterschiedlichen Malern unterscheidet.