
Man applaudiert sich selbst
Stell dir vor, du hast einen Termin bei deiner Ärztin und sie weiss besser Bescheid über vegane Ernährung als du! smile emoticonUtopisch? Der VeBu legt in Berlin dafür gerade die Grundsteine indem er einen veganinspirierten Medizinkongress auf die Beine gestellt hat. Hut ab! Und dabei hat er auch ganz vieles richtig gemacht. Zum Beispiel den Publikumstag, mit einer herzergreifenden Präsentation von Melanie Joy. Da fällt einem wieder ein, weshalb man seine Freizeit opfert. Ein breites Themenspektrum: von veganer Säuglingsernährung bis zu den ökologischen Vorteilen. Das Kuchenbuffet! Eine internationale Ausrichtung mit RednerInnen aus Übersee. Motivation, sich abwechslungsreicher und bewusster zu ernähren. Und natürlich das Kuchenbuffet!
Manches ist so lala, liegt aber wohl in der Natur der Sache. Z.B. die Werbung. Attila Hildmann lädt breit grinsend zum (fraglich vertrauenswürdigen) Antioxidantiencheck* ein. Naja, man muss mit seinen Promis leben können!
Aber das Wichtigste überhaupt war leider mangelhaft: die Qualität. Es gab zwar herausragende Vorträge, die Mehrheit aber enttäuschte. Unvorbereitete RednerInnen; Ein Vortrag über Hausmittelchen wie Eigenurin und Alkohol (Prost!); Und generell einfach viel zu wenig Liebe zur Evidenz. Und es fehlte an Diskussionskultur. Wie kann es sein, dass eine Rednerin behauptet, mit Vitamin B12 Multiple Sklerose heilen zu können, ohne eine einzige kritische Frage am Schluss gestellt zu bekommen? Es war ganz offensichtlich ein Heimspiel für alle Beteiligten. Man war sich einig. Das mag dem Seelenfrieden gut tun, es wird aber dem derzeitigen Forschungsstand nicht gerecht. Ich hätte mir mehr Diskussion gewünscht! Eine mutigere Themenwahl! Ist eine vegane Ernährung gesünder als eine vegetarische? Wieso findet sich in Studien keine überzeugende Reduktion der Mortalität? Ist die geringere Knochenqualität klinisch relevant? Und die Absicht zum Diskurs. Wie wäre es mit Podiumsdiskussionen? (Nur jetzt bitte nicht den Pollmer einladen… Ich wünsch mir Club, nicht Arena!) Oder zumindest mehr Zeit für Fragen? Schlussendlich hängt es wohl davon ab, was der VeBu erreichen will. Ein Forum für Wissenstransfer und kritische Auseinandersetzung? Oder eine Werbeveranstaltung mit Showbusiness und Heilsversprechen? Die Kritik habe ich in der Umfrage angebracht. Die Verantwortlichen wissen also Bescheid ?
2018 wissen wir mehr.
*Der Autor schaffte es trotz überdurchschnittlich hohem Chillikonsum leider nur auf 3/10 Punkten.

Medizin und vegetarische Ernährung
Im April öffnete die VegMed zum vierten Mal ihre Pforten. Schon in den vergangenen Jahren verzeichnete die VegMed einen durchschlagenden Erfolg, mit immer größer werdendem Interesse.
Auf dem Gebiet der vegetarischen und veganen Ernährung, stellten führende Forscher wie Claus Leitzmann, Gary E. Fraser, Tim Key und Mark Messina ihre Ergebnisse vor. Auch Ärzte wie Neal Barnard und Michael Greger teilten ihre neuesten Erkenntnisse mit dem Publikum.
Die VegMed blieb dem Fokus Gesundheit und Medizin fast immer treu und driftete kaum zu ökologischen oder ethischen Aspekten ab. Neben einigen weniger geglückten Präsentationen, räumten die Vortragenden mit immer noch bestehenden Vorurteilen auf, wie z.B. eine vegetarische oder gar vegane Ernährung sei für Schwangere oder Stillende nicht geeignet. Vor allem wurde sich aber den Vorteilen einer pflanzenbasierten Ernährung gewidmet.
Der Ansatz Ärzte und Ernährungsberater über einen solchen Kongress auf das Thema der pflanzenbasierten Ernährung aufmerksam zu machen, ist gelungen. Einerseits werden Mediziner dazu ermutigt offener auf ihre veganen Patienten zuzugehen und andererseits können sich Ärzte davon überzeugen, dass eine vegane Ernährung gesund und sogar gesundheitsfördernd sein kann.
Rückblickend stellt die VegMed eine längst überfällige Veranstaltung dar, die den Veganismus auf wissenschaftlicher Ebene ins rechte Licht rückt und damit mit veralteten und nicht mehr tragbaren Ansichten im Gesundheitswesen, wie z.B. der Deutschen Gesellschaft für Ernährung abrechnet.
Einen Überblick aller relevanten Forschungsergebnisse, die bei der VegMed 2016 präsentiert wurden, liefert die Zeitschrift Forschende Komplementärmedizin.
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