Es ist Winter. Draussen ist es… bäh. Der Kälte trotzend mache ich mich auf zum täglichen Spaziergang mit meiner vierbeinigen Mitbewohnerin am Basler Rheinboard. Die Sonne scheint und eigentlich ist es gar nicht so übel, wie ich zunächst dachte. Wie ich gemütlich am Rhein schlendere und in Gedanken bereits die nächste Outreach-Aktion plane, offenbart sich mir ein groteskes Bild: Eine Frau im Pelzmantel sitzt da am Ufer und füttert Tauben, Enten und Möven, die sich gierig um sie scharen. Ich bleibe irritiert stehen und beobachte die Situation eine Weile. Die Frau lächelt, während sie die Vögel füttert. Immer wieder greift sie in ihre gutgefüllte Brottasche, zerkleinert die einzelnen Stücke und wirft sie mit einer sanften Geste ihrer gefiederten Fan-Schar zu. Sie achtet darauf, dass alle etwas abbekommen.
Ich frage mich, ob die Frau am Rheinboard sich der Widersprüchlichkeit ihres Verhaltens bewusst ist. Oder ist der Pelzmantel vielleicht nur ein Überbleibsel aus einer Zeit, in der sie gegenüber Tierleid noch immun war? Oder geht’s ihr letztlich beim Vögel-Füttern in erster Linie um ihr eigenes Vergnügen?
Gerade zu dieser Jahreszeit fällt unser widersprüchliches Verhalten gegenüber Tieren ganz besonders auf. Wir schenken unseren Kindern Haustiere, während wir Nutztiere auf dem Teller in mundgerechte Stückchen zerlegen. Wir teilen süsse Ferkel mit Weihnachtsmützen auf Facebook während ein paar Strassen weiter hunderte Mastschweine täglich im CO2-See um Luft ringen. Wir zeigen uns schockiert über den aktuellen Fleischskandal, doch beim Silvester Apero greifen wir beherzt zu bei Lachs-, Gänseleber- und mit anderweitigen Leid’s belegter Pastetchen. Und während ich die Szenerie und den daraus resultierenden Gedanken-Loop verlasse, mich nach Hause sehne, um mir einen heissen Kakao mit Vanille-Sojamilch zu bereiten, frage ich mich selber: Wäre mir der Widerspruch gleichermassen in die Linse gesprungen, hätte die Frau einen Leder- oder Daunenmantel getragen…?