Kuh «Lovely» mit der langen Nase

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Die Organisation Schweizer Milchproduzenten SMP aka Swissmilk ist vieldiskutiert. Anlässlich des diesjährigen «Tag der Milch» am 13. April wollen wir erläutern, warum uns die Arbeit von Swissmilk besonders sauer aufstösst.

Dr. med. dent. Lovely

Es ist der 20. Februar dieses Jahres. Wenn man die Webseite von Swissmilk genauer unter die Lupe nimmt, wird man hin und her gerissen zwischen Belustigung und Fassungslosigkeit. Die Werbemittel, zu denen gegriffen wird, sind alles andere als subtil.

Man wird begrüsst mit einem Blogpost über den vermeintlichen Wellness-Alltag einer Milchkuh. Mit Fotos von Kühen, die sich von Massagebürsten verwöhnen lassen, Kühen, die im blitzeblanken Stall ihr Heu geniesen, Kühen, die sich auf die Melkmaschine freuen. Wir wollen ja die Marketingabteilung nicht auf dumme Ideen bringen, aber es fehlt wirklich nur noch das Bild von Kühen im Jacuzzi bei Cocktails mit Schirmchen. Das würde nur konsistent die Lücke zu Maskottchen Lovely schliessen: Denn die kann (und darf) gemäss Werbung ja singen, tanzen, Downhill fahren und Fussball spielen. Ob sie wohl auch der Empfehlung von Swissmilk folgt und «3 Portionen Milch pro Tag» Kuhmilch trinkt?

Diese Empfehlung ist bereits der nächste Blickfang. Die Dreistigkeit, mit der hier ohne Evidenz die Unentbehrlichkeit eines Produktes suggeriert wird, sucht seinesgleichen. Würde sich Nestea etwas Ähnliches trauen, wäre der Shitstorm vorprogrammiert.

Der Mythos um Milch und vermutlich auch die weisse Farbe des Auftritts verleihen Swissmilk jedoch den Charme und die Kompetenz einer Zahnarztpraxis.

 

Lovely macht Schule

Mit eben diesem Selbstverständnis traut Swissmilk sich in die Klassenzimmer der Schweiz: Jedes Jahr im November werden jedem Schulkind  am «Tag der Pausenmilch»  2dl Milch spendiert, unter der dreisten Bedingung, dass Lehrer*innen Broschüren, Plakate sowie «Lehrmittelflyer» via Bestellformular dazu bestellen. Etwa 340’000 Kinder werden auf diese Weise jedes Mal erreicht.

Absurderweise werden auch Ovomaltine und Shakepulver auf dem Bestellformular gelistet. Auf den Widerspruch zum Gesundheitsversprechen aufmerksam gemacht, hat Swissmilk bereits reagiert: Seit letztem Jahr benötigt man für die Bestellung von zuckerhaltigen Zusätzen die Erlaubnis der Schulleitung.

Auf der Webseite wird indes kein Hehl daraus gemacht, dass Swissmilk Zucker als nützliches Mittel zum Unterjubeln schätzt: «Manche Kinder mögen kein Glas Milch pur trinken.»…«Ob als Erdbeermilch, Milchshake, Vanille-Joghurt, Milchreis oder in Pancakes – diese süssen Gerichte schmecken den Kleinen.»

Was sagt der Bund zur jährlichen Werbeoffensive an den Schulen?

Ein Artikel auf der Webseite des Bundes befasst sich mit an Kinder und Jugendliche gerichtete Werbung, jedoch ist nichts zu sogenanntem Schulmarketing zu finden.

Während Werbung sonst praktisch überall Einschränkungen unterliegt, wird sie an Schulen nicht geregelt, ja, nicht einmal erwähnt.

Ob das unbeabsichtigt unter den Tisch fällt, ist uns nicht bekannt. Fakt ist, unsere Landesregierung besteht aktuell aus einer landwirtschaftsnahen, bürgerlichen Mehrheit. Und man findet auch direkt involvierte Politiker*innen, beispielsweise im Ständerat Emmi-Verwaltungspräsidenten Konrad Graber. Hier kann man sich beim Raussuchen der Verbindungen austoben.

Und das Lehrpersonal? Hinter vorgehaltener Hand erzählt man uns, dass es gerade in ländlichen Gegenden praktisch sozialer Selbstmord wäre, sich als Gegner*in der Pausenmilch zu exponieren. Der Zusammenhalt mit den hiesigen Landwirtschaftsbetrieben, die ja faktisch die Nachbar*innen sind, ist gross.

 

Gesunde Knochen brauchen Kalzium, Vitamin D und Bewegung – nicht Milch

Ein wenig auf der Webseite von Swissmilk weitergescrollt, stösst man auf den Teaser «Verträgliche Milchprodukte. Auch bei Laktoseintoleranz sind viele Milchprodukte verträglich. Erfahre hier, welche.»

Zur Frage, ob man bei Laktoseintoleranz auf Milch verzichten solle, gibt Swissmilk ironischerweise ausgerechnet unter «Ernährungsirrtümer» selbstbewusst zu Protokoll: «Auf Milchprodukte sollte wegen ihrer Nährstoffvielfalt und -menge auf keinen Fall verzichtet werden.» und zementiert hier einmal mehr den grössten Ernährungsirrtum, den die Schweiz je gesehen hat.

Es ist wahr, dass Milch viel Kalzium enthält. Aber anzudeuten, dass man ohne Milch auf direktem Wege Radieschen zählen geht, ist schon frech, denn es gibt durchaus pflanzliche Kalziumliferanten.

Vitamin D wird von Swissmilk als zweiter wichtiger Nährstoff in der Milch verkauft. Dazu schreibt das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV: «Das bedeutet, dass eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D nur bei Personen erreicht wird, die sich regelmässig und direkt in ausreichendem Mass der Sonne aussetzen oder die eine orale Ergänzung einnehmen

Den Vitamin D-Bedarf durch die Ernährung zu decken, ist also in unseren Breitengraden allgemein sehr schwer: Im Winter praktisch unmöglich, was dazu führt, dass die Hälfte der Schweizer Bevölkerung ungeachtet der Ernährung einen Vitamin D-Mangel hat. Das Vitamin D in Milch ist also faktisch unerheblich. Fleisch enthält beispielsweise mehr davon, dennoch erwähnt Proviande es auf ihrer Webseite nicht mal im Abschnitt zu den Vitaminen.

Der Milchmythos dreht sich primär um die Knochengesundheit. Vor bald 20 Jahren hat das Bundesgericht Swissmilk die Aussage «ein ausreichender Milchkonsum helfe, der Knochenbrüchigkeit im Alter vorzubeugen» verboten. Swissmilk hat jedoch einen Umweg gefunden: Auf der Unterseite zu Osteoporose trifft man auf die Aussage «Das Osteoporose-Risiko lässt sich minimieren, am besten von klein auf. Wichtig für die Knochengesundheit ist eine ausgewogene Ernährung mit genügend Kalzium und Vitamin D. Beide Nährstoffe finden Sie in Milch und Milchprodukten.»

Wer es nicht besser weiss, müsste angesichts dieses Informationsmaterials eigentlich zur Überzeugung gelangen, es handle sich dabei um den Auftritt einer Osteologie-Praxis. Etwa wie in einer Welt, in der Pepsi über Jahrzehnte hinweg zu Präventionsmassnahmen vor Angina informieren würde. Würde das nicht ebenso den Anschein erwecken, Pepsi hätte eben diese präventive Wirkung?

 

Auch Behauptungen haben kurze Beine

Frischfröhlich beliefert Swissmilk die Schweiz regelmässig mit neuer Indoktrinationsrhetorik und dreisten Lügen. Wer das nicht glaubt, kann sich gerne selber überzeugen. Gehen wir doch nochmal zurück auf die Seite der «Ernährungsirrtümer», um uns noch weitere Punkte anzuschauen:

Bei Laktoseintoleranz auf Milch verzichten?

Behauptung: «Auf Milchprodukte sollte wegen ihrer Nährstoffvielfalt und -menge auf keinen Fall verzichtet werden.»

Korrekt ist: Eine Unverträglichkeit ist nach Auffassung der meisten Menschen sehr wohl ein guter gesundheitlicher Grund, die Triggersubstanz zu meiden. Und die Zahl der Menschen, die Milch nicht vertragen, ist bei weitem nicht klein. Swissmilk schreibt selber unter «Können Erwachsene Milch verdauen?»: «In Mitteleuropa liegt die Milchverträglichkeit bei Erwachsenen heute bei 60%», ergo vertragen 40% (!) Milch nicht.

Seit 2017 werden wiederholt Publireportagen gebracht, die Pflanzendrinks destriktieren. Eine davon behandelt den Umgang mit einer Milchunverträglichkeit auf sehr fragwürdige Weise. Wie so eine Publireportage auch aussehen könnte, zeigen wir hier (es lohnt sich!).

Milch als Sportgetränk und für eine gute Figur?

Behauptung: «Drei Portionen Milchprodukte am Tag sind genau richtig.»

Korrekt ist: Intensiv Sport zu betreiben bei veganer Ernährung ist kein Problem. Auf Instagram leben das zum Beispiel diese Athletinnen und diese Athleten vor.

Ist Milch ein Superfood?

Behauptung: «Für Sportler dient sie als Regenerationsgetränk und auch auf Zivilisationskrankheiten wirkt sie positiv. Deshalb ist Milch ein Superfood.»

Korrekt ist: Der Begriff Superfood unterliegt keiner klaren Definition und ist gesetzlich nicht abgestützt.

Aus Angst vor Laktoseintoleranz Milch meiden?

Behauptung: «Es ist nicht ratsam, ohne gesundheitliche Notwendigkeit auf Grundnahrungsmittel wie Milch, Fleisch oder Eier zu verzichten.»

Korrekt ist: Die vegane Ernährung halbiert beispielsweise die Wahrscheinlichkeit, an Diabetes Typ 2 zu erkranken.

 

Steh zu dir, Swissmilk

Die Firma «Ferrero» hat den Slogan «mit der Extra-Portion Milch» erst 2012 in Rente geschickt und die «Kinderschokolade» damit zu dem gemacht, was sie ist: Etwas zum Naschen, nicht mehr und nicht weniger.

Auch Swissmilk dürfte langsam mal das Stethoskop ablegen und dazu stehen, was Milch ist: Ein Genussmittel, nicht mehr und nicht weniger.

Einmal im Jahr, dieses Mal am 13. April 2019, feiert Swissmilk ihren selbst erfundenen «Tag der Milch» (scheinbar reichte der Weltmilchtag am 1.Juni nicht). An rund 100 Schweizer Standorten positioniert Swissmilk sich mit Milchbars, an denen gratis «feine Shakes» ausgeschenkt werden, Menschen in Kuhkostümen rumlaufen, Werbematerial aufliegt und Wettbewerbe mit Sofortpreisen organisiert werden.

Wir freuen uns darüber, dass Swissmilk sich wenigstens an diesem Tag traut, zu sich selbst zu stehen und zu demonstrieren, mit wem man es bei Swissmilk zu tun hat: Mit einer einflussreichen Organisation, die den Mythos Milch aufrechterhält, koste es, was es wolle.

 


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Kommentare

Eine Antwort

  1. Traurig – und dass diese Organisation noch Steuergelder für ihre Werbung erhält ist das i Tüpfelchen.
    Stop eating – drinking – animals.

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